Besprechung von Biegers "Missa in honorem S. Francisci Seraphici", op. 11

Aus Genderkinger Wiki
Version vom 3. August 2021, 14:04 Uhr von Gdkadmin (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

„Missa in honorem S. Francisci Seraphici"

für Männerchor, Orgel und Blechinstrumente von Franz Anton Bieger, Op. 11


Wie erfolgreich und beliebt die geistliche Musik Biegers war, mag aus der Tatsache ersehen werden, dass – soweit bekannt - sein Opus 11, die Messe zu Ehren des Hl. Franziskus Seraphicus für Männerchor, Orgel und Blechinstrumente, wenigstens in drei Auflagen vom Verlag Anton Böhm & Sohn in Augsburg und Wien gedruckt und verbreitet wurde. Als weiteres Indiz für den damaligen Bekanntheitsgrad Biegers kann gelten, dass der Komponist Franz Bieger in der Arbeitsstelle Schweiz des „Répertoire International des Sources Musicales“ (RISM) auch heute noch geführt wird und wir über die Schweizer Musiksammlungen aus dem Archiv von Kloster Einsiedeln eine Aufstellung seiner dort noch vorhandenen Werke erhalten haben und – da uns die Franziskusmesse nur unvollständig vorlag- das von uns für die Aufführung dieser Messe benötigte Stimmenmaterial von dort auch übergeben werden konnte.


Ein weiterer Grund für die weite Verbreitung dieser Messe darf darin gesehen werden, dass Männerchöre zum Ende des 19. Jahrhunderts sehr populär waren und durch das „Motu proprio“ von 1903 die Mitwirkung von Frauen in den Kirchenchören untersagt war. Dies hat sicher auch zu einer weiteren Popularisierung dieser Messe nach 1903 beigetragen, obwohl die Komposition des Werks – der Opuszahl folgend – sicher schon in den 80er Jahren des vorangehenden Jahrhunderts erfolgt war. Da sich das Geburtsdatum des hl. Franz von Assisi (1181/82 – 1226) anno 1881/1882 zum 700. Male jährte, liegt die Vermutung nahe, dass Bieger diese Messe seinem Namenspatron aus Anlass dieses Jahrestages komponierte.


Franz von Assisi

Zum besseren Verständnis der Widmung der Messe an „Franciscus Seraphicus“ sei ein kleiner Exkurs in die Heiligenlegende erlaubt: 1222 zog sich Franziskus in die Einsamkeit von Alverna, einem kleinen Kloster, zurück. Dort betete er darum, am Leiden Jesu Anteil haben zu dürfen und wurde am Michaelistag - nach anderer Überlieferung am Tag der Kreuzfindung - des Jahres 1224 nach 40 Tage langem Fasten auf dem Berg La Verna stigmatisiert: der Gekreuzigte in Gestalt eines Seraphs (Engel), von sechs Seraphenflügeln überhöht und bedeckt, oder von einem solchen getragen, zeigte sich ihm. Seitdem trug Franziskus die Wundmale an Händen, Füßen und an der Seite. Er aber verheimlichte sie, so dass sie erst bei seinem Tod erkannt wurden. Dies war die erste bezeugte Stigmatisierung der Kirchengeschichte.


Zahlreiche Heilungen und Wunder folgten dem "Pater seraphicus" auch nach seinem Tode. Die Verehrung des Heiligen breitete sich durch eine Fülle der unmittelbar nach seinem Tod aufgezeichneten Legenden rasch aus. Bis heute wallfahrten hunderttausende Menschen nach Assisi. Reliquien werden auch in Rom, Arezzo, Florenz, Cortona und Kriens in der Schweiz verehrt.


Biegers Franziskus-Messe stellt an die Leistungsfähigkeit eines Männerchores keine geringen Anforderungen und zeigt, dass Bieger auf einem hohen Niveau komponierte, sich in seiner Komposition an den Palestrina-Stil annäherte, ohne epigonenhaft darin zu erstarren. So stellt sich die Franziskus-Messe Biegers als ein musikalisches Kunstwerk von herausgehobener Größe dar.