Bäuerliches Leben
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BILDER AUS DEM BÄUERLICHEN LEBEN
Getreideernte
Der jährliche Höhepunkt der Landwirtschaft war zu allen Zeiten die Getreideernte. Früher wurde diese ausschließlich in Handarbeit mit Hilfe einfacher Werkzeuge wie Sichel, Gauckel (Sense mit zusätzlichem Bogen aus Weidengeflecht) und Dreschflegel erledigt. Zum Mähen des Korns kamen zusätzlich Saisonarbeiter, die sogenannten Schnitter, oft von weit her, zum Teil auch aus dem Ausland (Italien, Balkanstaaten, etc.). Wenn die Felder abgemäht waren, feierte man die „Sichelhenk"; ein ausgelassenes Fest, bei dem man die Schnitter verabschiedete. Die Magd, die die letzte Garbe abgenommen hatte, mußte die „Kiachle" (Schmalzgebäck) dazu backen. Dieser Brauch hielt sich bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts.
Ein großer Schritt in Richtung Technisierung der Erntearbeiten war die Einführung der Dampfdreschmaschinen. Kurzzeitig wurde eine derartige Erfindung schon 1881 in Genderkingen betrieben, und zwar von Georg Wolf, dem damaligen Besitzer des Bäckenbauer-Hofes. Der Durchbruch gelang aber erst 1904, als die Mitglieder des hiesigen Darlehenskassenvereins beschlossen, auf allgemeines Verlangen eine Dampfdreschmaschine anzuschaffen. Später kam noch eine zweite hinzu.
Auf dem Bild rechts ist links die Dampfkesselanlage zu sehen, die vom „Heizer" bedient wurde. Dieser schürte mit Holz oder speziellen Briketts den Kessel und mußte immer wieder das verdampfte Wasser mittels einer Handpumpe nachfüllen. Der Dampfmotor trieb mit Ledertreibriemen die eigentliche Dreschmaschine im Innern des Stadels an, wo viele Hände für den reibungslosen Ablauf des Dreschvorganges sorgten: 2 Männer mußten zunächst die Getreidegarben mit Gabeln auf den Dreschtisch hochspitzen. Dort wurden, zumeist von 2 Frauen, die gebundenen Garben aufgemacht und aufgeschüttelt. Der „Einleger" oder „Einlasser" legte die losen Ähren in die Maschine ein, die sie in Stroh und Korn trennte. Der „Auftragen" mußte die gefüllten Getreidesäcke (ca. 2 Zentner schwer) wegnehmen, die er mit einer Winde zum besseren Aufnehmen hochzog. Das ausgedroschene Stroh wurde von Frauen zu „Wischen" gelegt, die der „Binder" mit Stricken zusammenbinden mußte. Anschließend wurden die Bündel wieder mit Gabeln in den Strohstock weitertransportiert. Die Arbeit von Heizer und Einleger wurde pro Tag jeweils mit circa 2 M 50 Pf entlohnt (1904).
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Dreschen auf dem Schönenfelderhof 1922.
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Auf dem Bayertonihof um 1934: Ein Dieselmotor ersetzt den Dampfkesselantrieb der Dreschmaschine. Bei diesem eisenbereiften Lanz handelt es sich um den ersten Traktor des Spar- und Darlehenskassenvereins.
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Hafermähen am Donaulenzenhof 1936. Zwei Pferde und ein Ochse ziehen den „Bindemäher"; eine Maschine, die das Getreide nicht nur schneiden, sondern auch binden konnte.
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Johann Schilke, Anni Bauer (Magd), Anton Schilke und Maria Bauer (Magd) am „Knöller" bei einer „Verschnaufpause". So ein „Strohmanderle" konnte auch als schattenspendendes Stützpolster dienen. Im Hintergrund ein Lanz-Bulldog mit Bindemäher (ca. 1938).
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Der erste Mähdrescher (ca. 1955). Die Maschine wurde von einem Traktor gezogen. Das Getreide wurde direkt in Säcken aufgefangen. An der trichterförmigen Trommel rechts konnte sogar das „Gsott" (Spreu) über einen Sack aufgefangen werden. In der Mitte der Gastwirt und Bauer Johann Schilke, links daneben seine Kinder Hans, Rosa (verh. Latzel) und Resi (verh. Königsdorfer), rechts ein Knecht. Auf dem Mähdrescher Martin Schreiber.
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Mähdreschen beim Breitwanger 1959. Deutlich zu erkennen ist die Absackanlage. Die Ähren wurden seitlich aufgenommen. Auf dem Traktor der Lehrling A. Sandner, dahinter der Bauer Max Riegel, rechts Karl Klebl.
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Donauwörther Zeitung 20.06.2007 Josef Wagner
Bodenbearbeitung und Bodennutzung
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Kuhgespann mit Holzpflug um 1919
Damit war im Gegensatz zu heute nur ein sehr leichtes Ackern möglich. Pro Arbeitstag bewältigte man mit einem derartigen Feldgerät maximal 1/3 Tagwerk. Auf dem Pflug liegen Maulkörbe, die die Tiere während des Pflügens umgebunden bekamen, da man sie sonst durch ständiges Fressen am Ackerrain oder am aufgegangenen Unkraut nur schwer vorwärts gebracht hätte. Die Kühe tragen hier, ähnlich wie Pferde, ein Kummetgeschirr, das unten offen und mit einer verschließbaren Kette zusammengehängt war. So konnte man es beim Anlegen besser über die Hörner streifen. Damit die Pflugschare beim Transport nicht am Boden kratzten, wurden sie, wie hier ganz links ersichtlich, auf ein Stangengestell (die sog. „Pflugschleife") aufgelegt. Der Mann trägt eine „Gauckel" zum Getreidemähen. -
Kuhgespann mit Eisenpflug 1937
Anton Herre 1937 beim Pflügen mit einem Eisenpflug. Das rechte Rad, das in der Furche lief, war größer als das linke, was einen Fortschritt gegenüber dem früheren Holzpflug bedeutete. Die Zugtiere tragen als Geschirr das für Ochsen typische Joch, das man in Genderkingen auch als „Ochsenbögen" bezeichnete]]
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Hatte jemand Felder mit recht „schweren" Böden, so konnte er sich vom Spar- und Darlehenskassenverein einen 35 PS starken Traktor und 2-Schar-Pflug einschließlich Fahrer mieten. Hier pflügt Josef Schreiber mit dem „Raiffeisen-Lanz" für einen Kunden. (Um 1938).
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1937 entstand diese Aufnahme mit der 17jährigen Kreszenz Förg (verh. Bairlein) an einer eisernen „Handrüttelegge". Keine leichte Aufgabe für eine Frau, mußte doch mit der rechten Hand während des Eggens zusätzlich an einem Griff gerüttelt werden, um die Bodenkrume noch feiner zu bekommen. Die linke Hand führte das „Leitseil" zum Lenken der Zugtiere, hier drei Kühe mit Ochsengeschirr.
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Der Bauer Michael Graf (Kropp) mit einem Kuhgespann beim Mistfahren um 1930. Mit einem speziellen Wagen, dessen Seitenwände man abnehmen konnte, wurde der Mist auf den Acker gebracht, wo man alle 4-5 Meter einen kleinen Haufen „herunterhackelte". Danach wurde der Mist mit einer Gabel auseinander „gebreitet". Im Winter benützte man zum Ausfahren einen Schlitten.
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Bernhard Stangl mit seinem Pferdegespann am Ortsausgang Richtung Donauwörth im Jahre 1935. Das Odelfaß hatte hinten einen Verteiler, den man auf dem Acker nur zu öffnen brauchte. Die Hauptarbeit beim Odelausbringen war das Vollpumpen des Odelfasses, was mit einer Handpumpe (vergleichbar einem großen „Wassergumper") und einer Blechrinne geschah. Ganz früher füllte man die Jauche mit Hilfe eines Schöpfers und eines Trichters von Hand ein. Das Bild scheint in der kalten Jahreszeit entstanden zu sein, da den Pferden Decken übergeworfen sind.
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„Arbeitspause" (1910). Vielleicht ist es die Gemütlichkeit, wie sie dieses Bild ausstrahlt, die uns von der „guten, alten Zeit" reden läßt, obwohl sie im Vergleich zu heute in vielem härter war. Genüßlich bei Maßbier und Wein sind zu erkennen: Von links: Josefa Finkel (verh. Stoller), der Schmied Mathias Finkel, Lorenz Hofberger, Anton Herre und Peter Schwab.
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Michael Zeller in der Lechgasse (1938) vor dem Anwesen Strobl (Jetzt Oßmann) auf einem sogenannten „Truhenwagen", d. i. ein Leiterwagen, der rundherum mit Brettern geschlossen war, zum Transport von Kartoffeln, Rüben, etc. Vorne und hinten waren Schuber angebracht. Eingespannt sind hier eine Kuh und ein Ochse.
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Die Aufnahme entstand 1948 in der Bachgasse und zeigt Franz Wagner („Schweizerlefranz") mit einer Mähmaschine, wie sie vor allem zum Grasmähen verwendet wurde. Mit Hilfe des Anlehnbleches konnte man damit auch Getreide mähen. Das Messer wurde von Rädern angetrieben. Mit dieser Maschine erreichte man je nach Gespann das doppelte bis vierfache Tagespensum gegenüber dem Mähen mit der Sense.
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Heuernte beim Breitwanger 1936. Es war schon eine Kunst, ein solches Heufuder zu laden. Wichtig war, daß man dem Fuderlader „gute Wisch" hochspitzte, die nicht zu lose waren. Mit der Hand wurde das Heu von außen nach innen angesetzt, wobei ein möglichst großer Verbund erreicht werden mußte. Das Pferdegespann trägt Ohrenklappen und Quasten, die sich bewegten, zum Schutz vor Fliegen und „Bremsen". Im Hintergrund links ist ein Heurechen erkennbar. Von rechts: der Baumeister (eine Art Hofverwalter) Seitz und X. Traber.
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Schon einige Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg kamen die ersten Traktoren auf, doch nicht jeder konnte sich einen solchen leisten. Michael Graf setzte sein Können ein und erstellte zusammen mit dem Elektriker Hieble von Tapfheim 1940 in Eigenbau eine Zugmaschine. In der Tür: Anna und Afra Graf.
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Kartoffelklauben 1944. Die von einem Schwingsieb-Roder herausgeackerten Kartoffeln mußten alle per Hand aufgelesen werden. Das Kraut wurde zu Haufen geschichtet (Bildhintergrund) und später zum berühmten Kartoffelfeuer entzündet, in dem der eine oder andere Erdapfel zum Verzehr mitgebraten wurde. Die Aufnahme zeigt Familie Furtmeier („josl") mit dem Kramer-Traktor, dem ersten Dieselroß im Dorf.
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Zuckerrübenernte 1943/1944
Kein mehrreihiger Vollernter, sondern viele Hände sind hier damit beschäftigt, die von den Pferden und einem speziellen Pflugkörper herausgeackerten Zuckerrüben von anhaftender Erde und Blattresten zu befreien. Die gesäuberten Rüben wurden auf Haufen gelegt, bis sie zur Verladung nach Rain abtransportiert werden konnten. Die nächstgelegene Zuckerfabrik befand sich in Regensburg, so daß man auf einen Termin für den Eisenbahntransport warten mußte. Ein Waggon faßte circa 300-500 Zentner Rüben. Von links: Juliane Traber, Rita Steiner, Frau Große Ruyken mit Töchterchen Marie-Luise („Ausgebombte"), Anni Steiner und ein kriegsgefangener Franzose.
Tierhaltung
Mit der Landwirtschaft untrennbar verbunden ist die Haltung von Tieren. Neben Rindvieh, Schweinen oder Geflügel gab es in Genderkingen dabei früher auch Schafherden, deren Wolle ein zusätzliches Einkommen sicherte. Noch 1932 gingen drei Männer unserer Gemeinde dem Beruf des Schäfers nach: August Herkert, Gottlieb Eindauer und Michael Nagel. Der letzte Schäfer in Genderkingen war Adolf Weber, der seine Tätigkeit bis nach dem Zweiten Weltkrieg ausübte. Eine Schafherde umfaßte circa 300 Schafe, jedes einzelne erkannte der Schäfer an seinem Aussehen. Untergebracht waren die Tiere z. B. auf dem Anwesen "Beim Wastl" (Gstaadweg 5) und in den Wörthen beim „Bayertoni". Gemeindliche Schafweiden zur Verpachtung waren z. B. in den Ruthen, im Ried oder am Lech entlang (rechts der Straße, die heute zum Sportplatz führt). Zudem wurde bis nach dem Zweiten Weltkrieg wöchentlich vor dem Gasthaus Schilke „der Pferch" versteigert: gegen ein Meistgebot kam der Schäfer mit seiner Herde auf ein bestimmtes Feld, das er stückweise umzäunte, damit es nach und nach mit Schafskot gedüngt wurde. Zum Preis gehörte natürlich auch die Verpflegung für Schäfer und Hund.
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Schafescheren beim Bayertoni um 1910
Ca. 500 Schafe wurden auf diesem Hof bis in die 60er Jahre gehalten. Hier ist eine auswärtige Scherkolonne am Werk. Rechts mit Hut der Bauer Josef Wagner, links mit Hut der Schäfer. -
Bevor die Schafe geschoren wurden, mußten sie gewaschen werden. Das Bild zeigt uns, wie dies 1923 im Mühlbach vonstatten ging. Hinter der Eichmühle (heute Wagner) war der Bach zu einem großen, aber nicht tiefen Weiher verbreitert. An einem Ufer wurden die Schafe der Reihe nach hineingetrieben, wo sie von drei Männern, die in Bottichen im Wasser standen, unter eine Rinne mit fließendem Wasser (vom Mühlbach gestaut) gehalten wurden. Nach Beendigung der Prozedur schwammen die Schafe durch den Weiher ans andere Ufer, wo der Schäfer sie schon erwartete. Nachdem sie getrocknet waren, hatte die „Scherkolonne" alle Hände voll zu tun, um die Tiere von ihrem Pelz zu befreien, bevor sie sich wieder verschmutzten. Solche Scherkolonnen bestanden hauptsächlich aus Frauen. In Genderkingen leitete z. B. Frau Barbara Furtmaier („Mühlflecken", Wörthen) eine solche Arbeitsgruppe. Die kräftigen Männer sind von links Franz Strobl und die Brüder Johann und Franz Lohmiller. Der Bub am rechten Bildrand, Georg Lohmiller, mußte mit seinem langen Stecken beim „Rein-und Raustreiben" behilflich sein.
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Früher gab es kaum ein Anwesen ohne Hühnerhaltung. Hier füttert die Bäckenbäuerin, Sophia Voag, ihre Hühnerschar mit Körnern aus der Schürze. Das Bild entstand um 1930. Im Hintergrund lehnt ein Krautfaß.
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Auch Gänse, oft bis zu 30 Stück, gehörten zum Alltagsbild auf den Höfen. Zwei- bis dreimal während des Heranwachsens wurden sie vorsichtig am Bauch gerupft, denn Daunen benötigte man nicht nur für die eigenen Betten, sondern auch für die Aussteuer der Töchter. Die Kinder mußten die Gänse manchmal ans Wasser treiben (z. B. an den „kleinen Lech" beim jetzigen Sportplatz) und hüten. Nach der Ernte trieb man sie auch auf dorfnahe Stoppeläcker, wo sie die liegengebliebenen Ähren suchten und auspickten. Die Fütterung findet hier auf dem Pfeifferlipphof statt (um 1940). Die Bäuerin ist Rosina Traber, links ihre Kinder Maria und Xaver.
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Seit jeher sind vor allem die Kinder von Fohlen fasziniert, wenngleich sie heute im Unterschied zu damals in Genderkingen als Besonderheit gelten. Wie schön, wenn man dann sogar ein solches Tier sein eigen nennen kann, wie hier der junge Lehenbauer Hans Wanner anno 1940. Sein Vater Leonhard Wanner hält die Stute.
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Als „glückliches Schwein" würde man heute dieses Tier bezeichnen, das nach seinem Tag im Freien, von der Magd Anna Saur (verh. Schreiber) wieder in den Stall getrieben wird (um 1938): Früher gehörte zu jedem Hof ein „Saugarten".
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Auch das gehörte zum bäuerlichen Leben: eine Hausschlachtung versorgte die Familie wieder für ein halbes Jahr mit Fleisch und Wurst bester Qualität. Von links: Der kleine Arno Mitschke, der Metzger Anton Kraus, Maria Mitschke beim Blutrühren, dahinter stehend Karl Fendl (1954).